Schüler des Martineums und der Europaschule am Gröpertor arbeiten im Grudenberg 7 Jugend restauriert Baudenkmal

Jugend trifft auf Baugeschichte. In Halberstadt war das am Donnerstag und Freitag vergangener Woche im Fachwerkhaus Grudenberg 7 der Fall. Schüler der Gröpertorschule unterstützen interessantes Projekt...

Das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg lud im Rahmen des Projektes „Sharing Heritage – Sharing Work – Sharing Community“ Schüler aus dem Gymnasium Martineum und der Europaschule am Gröpertor in das Denkmal Grudenberg 7 ein. Das Fachwerkzentrum betreut seit 2018 die aufwendige Sanierung des über 300 Jahre alten, stadtbildprägenden Gebäudes.
Das Besondere: die Schüler kommen nicht zum Gucken, sondern packen selbst mit an, vergessen für einige Stunden die Schule und wirken als Handwerker bei der Sanierung des Fachwerkhauses mit. Eine Gruppe aus der Europaschule am Gröpertor, Schüler der 9. Klasse, legt in einem Raum wertvolle Schablonen-Malerei aus dem Jahr 1880 an Deckenbalken frei. In der Vergangenheit ist sie irgendwann einmal unter einer dicken Kalkschlemme-Schicht „begraben“ worden. Erst nach dem Beginn der umfangreichen Sicherungsarbeiten im Inneren des weit mehr als 30 Jahre verwaisten Fachwerkhauses ist die Malerei wieder entdeckt worden.
In einem anderen Raum helfen Schüler bei der Restaurierung der alten Fenster. Darunter befindet sich ein kostbarer Schatz, der allerdings nicht aus dem Grudenberg 7 stammt. „Es handelt sich um ein erhalten gebliebenes Fenster der barocken Synagoge Halberstadts, die während der Pogromnacht 1938 von den Nazis erst geplündert und danach abgerissen wurde“, berichtet Claudia Hennrich, Geschäftsführerin des Deutschen Fachwerkzentrum Quedlinburg. Wie durch ein Wunder ist das Fenster erhalten geblieben. Es befindet sich in Besitz der Moses-Mendelssohn-Akademie Halberstadt, die das Synagogen-Fenster in die Obhut der Fachleute des Fachwerkzentrums übergeben hat. Im Grudenberg 7 lebten einst auch jüdische Familien, berichtet Claudia Hennrich. Den Schülern würde daher während ihres Einsatz nicht nur ein Kulturdenkmal nahe gebracht, sondern auch die Geschichte des Hauses und seiner Bewohner, die aufgrund ihres jüdischen Glaubens vertreiben und ermordet wurden.
Exquisites Stück
Dieter Hegholz ist begeistert von den Schülern, die an den historischen Fenstern arbeiten. „Die Jungs sind toll drauf und arbeiten sehr gut“, bescheinigt der Holzfachmann. Der Diplom-Ingenieur und Architekt betreut die Fenster-Restaurierungen. „Wir tauschen nur die schadhaften Stellen aus und ersetzen sie durch neues Holz“, berichtet Dieter Hegholz. Er kann sich gut vorstellen, dass das Fenster nach erfolgter Restaurierung das „exquisite Stück einer interessanten Ausstellung“ sein könnte.
An anderen Stellen des Grudenbergs 7 arbeiten Schüler bei der Sicherung der Fachwerkkonstruktion und verputzen Gefache mit Lehm.
Bildungsauftrag umsetzen
Der gemeinnützige Verein Deutsches Fachwerkzentrum Quedlinburg arbeitet seit 18 Jahren an der energetischen und Ressourcen schonenden Sanierung von historischen Bauten. In Halberstadt unter anderem an der bereits fertiggestellten Hühnerbrücke 4 und dem ebenfalls in der Sanierung befindlichen Haus Grudenberg 8. „Wir verstehen das Projekt als Bildungsauftrag für Menschen unterschiedlicher Nationen und Herkunftsländer“, so Claudia Hennrich.
Im Rahmen des deutschen Kulturerbejahres „Sharing Heritage“, sei das Projekt „Sharing Heritage – Sharing Work – Sharing Community“, gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung und dem Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt, gestartet worden. An diesen Campus nahmen Studenten, Schüler und Flüchtlinge teil. Veranstaltungsort war das Schloss Erxleben, in dem die verschiedenen Bereiche der Renovierung und der traditionellen Handwerkskunst in den Räumen mit ihren noch vorhandenen historischen Merkmalen ausgestellt wurden.
Zusätzlich zu dem diesjährigen Herbstcampus sei der Projekttag für Schüler bewilligt worden. „Diesen möchten wir zur Sensibilisierung für die nachhaltige und Ressourcen schonende Sanierung historischer Bauten in der Praxis und Restaurierungstechniken in der Denkmalpflege nutzen.“

von

Zurück