Warum es jetzt in der Halberstädter Sekundarschule „Am Gröpertor“ einen Defibrillator gibt Ein Apparat, der Leben rettet

In Deutschland sterben jedes Jahr etwa 100 000 Menschen unvermittelt am Herztod. Schnelle Hilfe in den ersten Minuten mit einem Defibrillator kann das Leben eines Betroffenen retten. Ein solches Gerät bekam die Gröpertorschule von der Björn-Steiger-Stiftung.

Es war Mitte Dezember 2017, kurz vor den Weihnachtsferien, als der Hausmeister der Europaschule „Am Gröpertor“ Uwe Bressel im Flur vor dem Lehrerzimmer den leblosen Körper einer Lehrerin entdeckte.

„Die Frau war der Länge nach auf den Boden geschlagen und blutete am Kopf“, erinnert sich Schulsekretärin Silvi Zeidler, die umgehend den Rettungsdienst rief. Der war schnell zur Stelle, begann mit der Wiederbelebung und nahm die Verunglückte schließlich mit. Am nächsten Tag erreichte die Schule die traurige Nachricht, dass die langjährige Mitarbeiterin verstorben sei.

„Die Kollegin hätte gerettet werden können, wenn wir bei diesem Notfall einen Defibrillator zur ersten Hilfe zur Verfügung gehabt hätten“, ist Schulleiter Björn Ahlsleben überzeugt. Dem stimmt Rettungsassistent und Geschäftsführer Harz der Gesellschaft für Notfallmedizin Matthias Ahlborn zu, als er dieser Tage im Schulleiterzimmer die Einweisung in einen Laien-Defibrillator vornahm.

Doch an ein solch medizinisches Gerät zu kommen, war für die Schule nicht einfach. „Der Schock vom Tod der Lehrerin saß tief“, berichtet Björn Ahlsleben. Und: „Im Wissen, wie wichtig in einem solchen Notfall Ersthilfe von großer Bedeutung ist, haben wir uns an den Landkreis, unseren Schulträger, gewandt. Unsere Bitte um die Anschaffung eines Defibrillators, mit dem wir künftig bei einem möglichen Notfall in kürzester Zeit helfen können, wurde zugestimmt.“ Allerdings verstrichen Wochen und Monate.

„Bei einer erinnernden Nachfrage hieß es dann aber, dass kein Geld zur Finanzierung des mobilen Gerätes zur Verfügung stünde. Wir sollten uns selbst um die Beschaffung bemühen“, ist der Schulleiter noch immer enttäuscht von dieser Antwort.

Ein Anruf bei der gemeinnützigen Björn-Steiger-Stiftung, die sich seit 1969 der Verbesserung der Notfallhilfe annimmt und sich unter anderem der Bekämpfung des plötzlichen Herztods widmet, stimmte optimistisch.

Denn es gab eine Zusage mit dem Verweis „sobald Spendengelder dafür vorhanden sind“. Diesmal bedurfte es keiner weiteren Nachfrage, denn schon bald kam der Anruf aus Winnenden (Baden-Württemberg), dass ein halbautomatischer Defibrillator (AED) im Wert von 1100 Euro auf dem Weg nach Halberstadt sei. „Die Freude war groß“, sagt Björn Ahlsleben und bedankt sich ausdrücklich bei Melanie Schraml von der Stiftung, die sich sehr bemüht habe.

Um jedoch ein AED-Gerät (oft kurz nur Defi genannt) bei einem möglichen Notfall einsetzen zu können, ist eine fachkundige Einweisung notwendig.

Der Experte Matthias Ahlborn erklärt: „Die Anwendung unterliegt dem Medizinprodukte-Gesetz und -Betreiberverordnung. Daher ist eine Ersteinweisung zwingend vorgeschrieben.“ Außerdem müsse ein Gerätebeauftragter sich nicht nur mit dem AED auskennen, sondern dieses einmal pro Woche kontrollieren. Die Aufgabe obliegt künftig Silvi Zeidler. Sie, Björn Ahlsleben, Uwe Bressel, Andreas Güldner, Jörg Wenske und Wolfgang Zettl bekamen gemeinsam die Einweisung und gelten nun als Multiplikatoren, die ihre Kenntnisse anderen weiter vermitteln werden.

Das Gerät soll angewendet werden, wenn Schüler oder Mitarbeiter ohnmächtig und nicht ansprechbar sind. Allerdings kommt ein Defibrillator nur bei Herzkammerflimmern zum Einsatz. „80 Prozent der Fälle seien Herzkammerflimmern, von dem zunehmend auch jüngere Menschen betroffen sind“, so Ahlborn. Sei der Herzstillstand bereits eingetreten, bleibe allerdings nur die klassische Wiederbelebung mit Herzmassage und Atemspende.

In einem Notfall sollte ein Ersthelfer mit der Herzdruckmassage beginnen, während ein anderer die 112 anruft und den Defi holt. Wenn das angeschlossene Gerät Kammerflimmern feststellt, fordert er den Anwender zu den nächsten Schritten auf. Auch wenn das Laien-Defibrillator selbsterklärend ist und von Jedermann bedient werden kann, so der Experte, in der Notsituation sei Ruhe und Sicherheit geboten im Umgang mit dem Gerät. Man könne nichts falsch machen, zu handeln sei entscheidend.

„Man schafft einen Defi an in der Hoffnung, ihn nie gebrauchen zu müssen. Es ist aber wichtig, auf einen Notfall vorbereitet zu sein. Denn wenn solcher plötzlich und unerwartet eintritt, dann ist ein solch Schockgeber lebensrettend“, so Ahlborn. Und: „Wenn ich das Gerät einmal in zehn Jahren einsetze und ein Leben damit rette, dann hat sich alles rentiert.“ Abschließend empfahl der Experte eine Erste-Hilfe-Ausbildung für die Lehrer und regte die Einrichtung eines Schulsanitätsdienstes an, der bereits an vielen Bildungseinrichtungen existiert, bei Bedarf schnell eingreifen und die Lehrer bei der Hilfeleistung unterstützen kann.

„Wir danken der Björn-Steiger-Stiftung für das Gerät und sind nun sehr glücklich darüber, ein solches im Hause zu haben“, sagt Schulleiter Björn Ahlsleben.

Der Wandkasten mit dem Defibrillator befindet sich auf dem Schulflur der ersten Etage unmittelbar gegenüber dem Lehrerzimmer. Von dort kann das Gerät geholt werden, auch wenn ein Notfall im nahen Umfeld der Schule eintritt.

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